Hallo zusammen,
nach unserem Zwischenseminar Anfang Februar gab es für Julia und mich einige sehr positive Entwicklungen in unserer Arbeitsroutine. Mit unserer Rückkehr aus Katerini endete die Umstrukturierung bei NAOMI, sodass Workshops und Nähkurse wieder starteten. Seit Februar haben wir eine neue Nählehrerin, Elena. Elena hatte auch schon zuvor einen Nähkurs für minderjährige Geflüchtete angeboten, ist nun aber jeden Tag bei NAOMI und bietet Kurse für Anfänger*innen, Fortgeschrittene und Profis an. Mir gefällt Elenas Art zu unterrichten sehr gut, wir Volunteers werden immer auf eine sehr nette Art mit eingebunden und können teilweise sogar richtig mitmachen. So habe ich bereits eine Hose und ein T-Shirt nähen können und weitere Projekte sind in der Bearbeitung! Elena legt einerseits großen Wert darauf ihren Schüler*innen verschiedene Techniken an der Nähmaschine beizubringen, beispielsweise wie man einen Reißverschluss so einnäht, dass er von Außen kaum zu sehen ist. Andererseits ist es ihr wichtig, dass ihre Schüler*innen nicht nur das Arbeiten an der Maschine lernen, sondern auch den Prozess der Herstellung eines Kleidungsstücks. So zeigt sie, wie man Maße nimmt und sich daraus seinen eigenen Schnitt zeichnen kann, damit die Kleidungsstücke individuell passen und die Schüler*innen dank ihrer ganz persönlichen Schnittmuster, ganz einfach weitere Exemplare von im Kurs genähten Röcken, Hosen, Kleidern oder Oberteilen nähen können. Das Ausrechnen und Aufzeichnen von Schnitten ist manchmal gar nicht so einfach, bietet für mich aber eine tolle Möglichkeit mich einzubringen und Elena zu assistieren. Es herrscht immer eine fröhliche, kreative Stimmung, das Nähen und die Vorarbeit erfordern aber auch große Konzentration. Ich bin immer wieder fasziniert, wie toll ich beim Nähen abschalten kann. Oft merke ich erst am Ende des Kurses, dass ich in den vergangenen zweieinhalb Stunden vollkommen konzentriert war, ohne dass meine Gedanken abgeschweift sind.
Nähkurs bei Elena
Aber auch im Produktions-Department von NAOMI gibt es positive Veränderungen. Seit Anfang Februar hat Zoi, die Produktions-Chefin, Unterstützung von der Textiltechnikerin Sofia, die seitdem verantwortlich für die Ausführung der Arbeiten in der Produktion ist und täglich ein Training für die professionellen Schneider*innen anbietet, um auch ihre Fähigkeiten an der Maschine weiterzubilden. Sie hat viel Ordnung in der Produktion geschaffen, Zoi viel Stress abgenommen und sorgt auf diese Weise für einen deutlich organisierteren Arbeitsablauf. Allerdings spricht Sofia „μόνο ελληνικά» (monó elleniká = nur griechisch). Das ist natürlich manchmal eine kleine Herausforderung, aber auch ein ganz gutes Training für meine Griechischkenntnisse. Viele Aufgaben lassen sich doch recht einfach oder mit Händen und Füßen erklären und wenn das alles nicht hilft, lässt sich auch immer eine Person zum Übersetzen finden.
Außerdem haben wir seit Anfang März durch zwei griechische Praktikantinnen zusätzliche Unterstützung bei NAOMI. Agapi und Garifailla helfen auch in der Produktion mit, sodass die Arbeit dort sehr viel schneller und angenehmer vorangeht. Gemeinsam Fäden abschneiden ist deutlich netter, als alleine.
Seit Anfang April unterstützt zudem Madlen das Freiwilligen-Team. Sie hat gerade ihr Psychologie-Studium abgeschlossen und plant psychologische Unterstützung bei NAOMI anzubieten, außerdem ist sie für drei Monate Mitbewohnerin in unserer WG. Ich denke, es wäre eine tolle Möglichkeit, wenn sie ein Angebot für psychologischen Beistand schaffen könnte, da dieser, wie so viele andere Formen von Unterstützung, Geflüchteten in Griechenland kaum zur Verfügung steht. Aufgrund von Traumata und Depressionen durch die Situation im Heimatsland, die Flucht und auch die Lebensumstände in den Camps in Griechenland wäre psychologische Unterstützung für viele Menschen sehr wichtig.
Auch im Deutschunterricht mit Zakia sehe ich stetige Fortschritte. Ende letzten Jahres hatten wir den Akkusativ behandelt und sind anschließend zum Dativ übergegangen. Das Projekt Dativ hatten wir dann allerdings nochmal verschoben, da es doch noch sehr schwierig war und gerade der Unterschied zum Akkusativ schwer abzugrenzen war. Zugegebener Weise ist es aber auch wirklich sehr verwirrend, dass ein maskulines Nomen im Akkusativ Singular den Artikel „den“ trägt, ebenso wie ein Nomen im Dativ Plural. So ist „den Hund“ Akkusativ, „den Hunden“ aber Dativ. Ebenfalls gemein ist der Artikel „der“ den es sowohl im Nominativ für maskuline Nomen, als auch für feminine Nomen im Dativ Singular gibt – „Der Mann hat einen Ball.“, aber auch „Der Ball gehört der Frau.“.
Seit etwa zwei Wochen beschäftigen wir uns erneut mit dem Dativ und trotz dieser gemeinen kleinen Schwierigkeiten, kommt Zakia nun sehr gut voran.
Abgesehen von diesen positiven Entwicklungen bei NAOMI gibt es aber noch eine weitere grundlegende Veränderung im Arbeitsplan von Julia und mir. Seit Anfang Februar arbeiten wir zwei Tage die Woche in Casa Base und nur noch drei Tage bei NAOMI. Case Base ist ein Safe-Space für Frauen und Mädchen direkt neben dem Camp Diavata. In meinem Blogeintrag zu „The Girls’ Voices“ (https://hannahhertzberg.wixsite.com/thessaloniki-blog/post/the-girls-voices) hatte ich bereits kurz über Case Base berichtet, da auch die Bilder der Fotoausstellung dort entstanden sind. In Casa Base unterstützen wir das Quick Response Team (QRT). QRT ist eine NGO, die nicht nur Projekte im Safe Space anbietet, sondern auch mit medizinischen Freiwilligen kooperiert. Zwar gibt es im Camp Diavata theoretisch auch Ärztinnen und Ärzte, die medizinische Versorgung dort ist allerdings äußerst unzureichend, oft gibt es nicht die richtigen Medikamente und vor der kleinen Klinik warten lange Schlangen von Patient*innen.
Fotos mit NAOMI-T-Shirts mit Logo eines geflüchteten Designers (Fotos von Matia, Fotograf in Casa Base)
Casa Base ist ein Haus mit anliegender großer Lagerhalle, in der alles von Kleidung, über Windeln bis hin zu Rollstühlen und Babynahrung zu finden ist. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Spenden und über Spendengelder gekaufte Dinge, die von QRT in verschieden Camps in der Nähe von Thessaloniki verteilt werden.
Um Casa Base herum, befindet sich ein kleiner Garten, Platz zum Spielen und Entspannen und verschiedene Rückzugsmöglichkeiten. Das Haus selbst besteht aus zwei Etagen, oben gibt es eine improvisierte kleine Arztpraxis, ein Raum wird für Fotografie-Kurse genutzt und es gibt einen Büroraum. Der untere Teil besteht aus einem großen Raum mit kleiner Küche, der sich durch Trennwände unterteilen lässt und mit Sofas, Tischen und Stühlen und Spielsachen ausgestattet ist. Die Wände sind bunt geschmückt mit Kunstwerken, Fotos und anderen kreativen Arbeiten der Mädchen.
Vormittags werden in Casa Base Deutsch- und Englisch-Kurse für verschiedene Levels angeboten, nachmittags gibt es täglich wechselnde kreative Angebote. Die Grundidee von Casa Base ist es, einen sicheren Raum für Frauen und Mädchen außerhalb des Camps zu schaffen. Unter den Bedingungen in den Camps leiden Frauen und Mädchen besonders, oftmals herrschen sehr patriarchale Verhältnisse, es gibt regelmäßig Fälle von häuslicher Gewalt und innerhalb der Mauern des Camps gibt es keine Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung, zum Lernen oder zum Entkommen aus dem immer gleichen Alltag des Wartens und Ausharrens. Nach der Antragstellung auf Asyl dauert es nämlich häufig Jahre bis eine Entscheidung fällt. So leben und warten Menschen auf unbestimmte Zeit in Camps in Hoffnung auf eine positive Entscheidung.
Ein Mädchen in Casa Base beispielsweise kam mit ihrer Mutter ins Camp als sie 11 Jahre alt war – vergangene Woche hat sie ihren 16. Geburtstag gefeiert und lebt noch immer im Camp. Diese Zeit des Wartens ist nicht nur zermürbend, sondern für viele Menschen auch eine verlorene Zeit, da es nur selten Möglichkeiten für Bildung, Arbeit oder anderweitige persönliche Entfaltung gibt.
Da Frauen in den meisten Fällen die Versorgung der Kinder übernehmen müssen, sind sie in vielen Fällen noch stärker an die Camps gebunden als Männer. Casa Base möchte dem entgegenwirken, indem ein Raum für Kreativität, Austausch und Miteinander zur Verfügung gestellt wird, der durch seine Lebendigkeit und Kreativität etwas Farbe ins graue Leben im Camp bringt. Täglich kommen etwa zwischen 20 und 40 Mädchen und Frauen zwischen 4 und 65 Jahren nach Casa Base, überwiegend junge Mädchen und Teenager. Die täglichen Sprachkurse, sowie das abwechslungsreiche Nachmittagsprogramm bieten verschiedene Angebote für alle Altersgruppen.
Casa Base
Die Arbeit in Casa Base ruht maßgeblich auf den Schultern von Mauritio, dem Leiter von QRT und einem Team aus Freiwilligen, das zurzeit aus etwa 10 Freiwilligen und drei bis vier Ärztinnen und Ärzten besteht. Es gibt einige Freiwillige, wie Julia und mich, die ein bis zwei Tage die Woche kommen, die meisten sind aber für zwei bis drei Monate da und arbeiten für diesen Zeitraum sechs Tage die Woche. Auf diese Weise bleibt das Team sehr dynamisch, immer wieder kommen neue Perspektiven und Ideen dazu und man lernt viele interessante Menschen kennen.
Mauritio ist gut mit NAOMI’s Chefin Dorothee Vakalis befreundet. Die beiden NGO’s helfen einander regelmäßig aus und sind gut vernetzt. Beispielsweise werden einige der Hosen und Sweatshirts, die bei NAOMI genäht werden nach Diavata gebracht und in Kunstprojekten in Casa Base werden regelmäßig Stofftaschen und T-Shirts, die bei NAOMI angefertigt wurden, bemalt oder bestickt. Es ist sehr schön diesen Prozess mitzuerleben: Vom Zuschneiden, übers Nähen, Fäden abschneiden und Bügeln, bis hin an einen kreativen, lebendigen Ort, an dem sie von Mädchen bunt verziert werden.
Meine Aufgaben bei QRT sind sehr abwechslungsreich. Nach etwa eineinhalb Stunden Busfahrt startet ein typischer Tag in Casa Base mit einer morgendlichen Besprechung mit Mauritio und den anderen Freiwilligen um 10:30 Uhr. Von 11 Uhr bis 12:00 Uhr wird Englisch-Unterricht angeboten, diese Zeit nutze ich meist, um meinen Deutsch-Unterricht vorzubereiten. Von 12 Uhr bis 13 Uhr gebe ich dann Deutschunterricht. Ich unterrichte die Deutsch-Anfängerinnen, die in den meisten Fällen noch kaum Deutschkenntnisse haben. Die Gruppengröße variiert immer etwas, je nachdem wer kommt, doch meisten habe ich zwischen vier und sieben Schülerinnen – die jüngsten sind acht Jahre alt, die älteste über 60 Jahre alt.
Nicht nur die Altersunterschiede, sondern auch die Gruppengröße und Vorkenntnisse im Lernen von Fremdsprachen bergen verschiedene Herausforderungen. So gibt es einige, vor allem jüngere Mädchen, die das lateinische Alphabet noch nicht können. Außerdem variiert das Motivationslevel der Schülerinnen auch außerhalb des Unterrichts selbstständig zu lernen. So gab es schon einige Stunden, aus denen ich etwas frustriert herausgegangen bin, da sich einige Sachen nur schwer vermitteln lassen und auch viel Wiederholung nicht immer zielführend ist. In der Kommunikation mit den Schülerinnen kommt zudem häufig eine Sprachbarriere hinzu. Zwar sprechen selbst viele der kleinsten Mädchen für ihr Alter erstaunlich gut Englisch, wenn es aber darum geht auf Englisch deutsche Grammatik zu erklären, wird es manchmal schwierig. Außerdem wird der Deutschunterricht in Casa Base fünf Tage die Woche angeboten, das bedeutet, dass auch ein Kurs nicht jeden Tag die gleichen Lehrer*innen hat. Um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten, gibt es einen Ordner, in den man die im Unterricht behandelten Themen nach jeder Unterrichtseinheit aufschreibt, trotzdem ist es manchmal nicht so einfach nachzuvollziehen, was bereits im Unterricht durchgegangen wurde und was nicht. Zwar konnte ich durch meinen Deutschunterricht mit Zakia bereits einige Erfahrungen im Unterrichten sammeln, allerdings habe ich im Einzelunterricht natürlich andere Möglichkeiten auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen und ihre bereits recht fortgeschrittenen Deutschkenntnisse ermöglichen es mir auf eine ganz andere Weise zu erklären.
Trotz dieser Herausforderungen, merke ich, dass je besser ich die Mädchen und Frauen kennenlerne und verstehe, wer wo Probleme hat, kleine Fortschritte zu erkennen sind. Und natürlich lerne ich auch sehr viel darüber, wie man bestimmte Inhalte am besten vermittelt und auch mit Frustration umzugehen. Es braucht ein bisschen Zeit, um zu akzeptieren, dass nicht alles immer so funktioniert wie geplant und dass das auch vollkommen in Ordnung ist. Umso schöner sind dann immer die Momente, wenn eine Übung überraschend gut läuft und ich auf unerwartet großes Interesse stoße oder positives Feedback bekomme.
Nach dem Deutschunterricht haben alle Freiwillige eine einstündige Mittagspause, in der es immer ein köstliches Mittagessen gibt. Alle bringen etwas Kleines mit, wie Gemüse, frisches Brot oder einen Salat und die Freiwilligen, die vor der Mittagspause Zeit haben, kochen meistens noch ein Pasta-Gericht und eine Gemüsepfanne. Die Pause ist immer sehr schön, um sich auszutauschen und etwas Energie für den bevorstehenden Nachmittag zu tanken.
Um 14:00 Uhr geht es dann weiter mit den Workshops, diese variieren täglich. Zwei Aufgaben, bei denen wir Freiwillige uns immer abwechseln, sind „Gate“ und „Guardian“. Wenn man fürs „Gate“ eingeteilt wurde, muss man sich vor den Eingang des Camps stellen und auf die Mädchen warten, um sie sicher nach Casa Base zu begleiten. Zwar sind der Eingang vom Camp und der von Casa Base nur etwa 100 m voneinander entfernt, allerdings verläuft eine recht stark befahrende Schnellstraße direkt neben dem Weg, sodass die kleinen Mädchen begleitet werden müssen. Hinzu kommt, dass einige der Campwächter*innen, die Mädchen nicht unbegleitet das Camp verlassen lassen, sodass die Rolle der Person am Gate sehr wichtig ist, damit die Mädchen überhaupt nach Casa Base gelangen können.
Als „Guardian“ hat man die Aufgabe hinter den Namen aller eintreffenden Mädchen und Frauen einen Haken zu machen, ihnen eine FFP2-Maske auszuteilen und sie zu fragen, ob sie am Nachmittag einen Snack haben wollen.
Wenn ich nicht Guardian bin oder am Gate warte, leite oder assistiere ich meistens einen Workshop. So habe ich zum Beispiel Ricardo, einem andern Freiwilligen bei seinem Back-Workshop geholfen und gemeinsam mit den Mädchen Zimtschnecken gebacken. Außerdem habe ich mehrmals Macramé-Kurse angeboten. Dort haben wir mit vielen bunten Perlen und anderen Werkzeugen Armbänder und Ohrringe gebastelt und auch Bügelperlen sind immer ein großer Spaß. Julia und ich planen außerdem einen Häkelkurs anzubieten, das haben wir bereits einmal probiert, das war allerdings gar nicht so einfach, da die Geduldsspanne der Mädchen oft sehr begrenzt war. So haben wir festgestellt, dass das Häkelprojekt vielleicht eher etwas für die älteren Mädchen und Teenager wäre. Abgesehen davon werden regelmäßig Fotografiekurse, Mal- und Bastelstunden, Computerunterricht, Sprach-Spiele auf Tabletts, Gitarrenunterricht, Sticken, Yoga, Lego und Musik-Workshops angeboten. Was genau wann stattfindet wird immer am Anfang der Woche geplant und kommt etwas darauf an, wer was anbieten kann. Bei den verschiedenen Kursen wird außerdem meist zwischen „Small Girls“, „Big Girls“ und „Women“ unterschieden. Insbesondere für die Teenagemädchen und Frauen ist es schön auf diese Weise in einigen Workshops etwas unter sich zu sein, da es mit den kleinen Mädchen oft recht laut und chaotisch zu geht.
Casa Base ist ein Haus mit anliegender großer Lagerhallin der alles von Kleidung, über Windeln bis hin zu Rollstühlen und Babynahrung zu finden ist. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Spenden und über Spendengelder gekaufte Dinge, die von QRT in verschieden Camps in der Nähe von Thessaloniki verteilt werden.
Einen besonders schönen Moment hatte ich vergangene Woche mit den Small Girls beim Macramé-Kurs. Als ich die Perlen auspackte, gab es erstmals ein großes Chaos: Acht kleine Mädchen, um die sechs Jahre alt, wollten alle Perlen und Draht, um loslegen zu können und schrien wild durcheinander. Doch nachdem das anfängliche Durcheinander überwunden war und alle ihre Perlen hatten, kehrte Ruhe ein. Alle fädelten voller Konzentration Perle für Perle auf ihre Armbänder. Ich war vollkommen überrascht von dieser plötzlichen ruhigen, entspannten Atmosphäre und habe diesen Moment sehr genossen.
Vorbereitung Deutschkurs, Snackzeit, Bastel-Workshop
Obwohl ich erst wenige Wochen Teil des Freiwilligen-Teams in Casa Base bin, merke ich schon jetzt, wie sehr mich die Arbeit dort erfüllt und wie viel ich nach jedem Arbeitstag dort mitnehme. Ich merke aber auch, wie fordernd die Arbeit in Casa Base ist – auf körperlicher aber auch auf emotionaler Ebene. Wie anstrengend mehr als sieben Stunden am Stück auf den Beinen zu sein, mal hier anpacken, mal dort anpacken und den ganzen Tag über von vielen kleinen Mädchen umgeben zu sein, sein kann, merke ich jedes Mal, wenn ich erschöpft auf dem Rückweg im Bus sitze – es ist aber eine schöne Art von Erschöpfung. Hinzu kommt die emotionale Belastung. An einem fröhlichen, bunten und so lebendigen Ort wie Casa Base vergisst man leicht, dass diese Stunden im Safe-Space nur ein Teil der Lebensrealität der Frauen und Mädchen sind. Das Leid innerhalb der Campmauern und die persönlichen Geschichten und Probleme dringen nur selten nach Casa Base vor. Aber durch Erzählungen von Mauritio von häuslicher Gewalt, Depressionen, Ungewissheit und Ängsten erhalte ich einen kleinen Schimmer der anderen Teile der Lebensrealität. Es ist sehr wichtig diese Seite im Umgang mit den Mädchen nicht zu vergessen und teilweise besonders geduldig und umsichtig mit ihnen umzugehen, da sie oft mit uns unvorstellbaren Problemen zu kämpfen haben.
Aber nicht nur durch Mauritios Erzählungen, auch durch kleine Situationen im Alltag wird mir die leidvolle Seite immer wieder vor Augen geführt.
Immer wenn ich vor dem Gitter am Gate warte und sehe wie sich ein- und ausgehende Menschen an- und abmelden müssen, bevor sie das Camp verlassen, habe ich das Gefühl neben einer Art Gefängnis zu stehen und nicht neben einem Ort der Menschen Schutz bieten soll. Einmal wartete ich am Gate, als ein kleiner Junge und seine Mutter vorbeispaziert kamen. Das Tor stand gerade etwas offen und der Junge versuchte mehrfach hinauszurennen, wurde von seiner Mutter und einer Wärterin am Gate aber zurückgehalten. Diese Szene hat mich sehr berührt. Die Tatsache, dass Kinder hinter Mauern und Gittern aufwachsen müssen, macht mich wahnsinnig traurig. Wenn mein schmaler Einblick von Außen ins Camp mich schon so sehr mitnimmt, wie muss es wohl sein von Innen herauszublicken? Und wie muss es wohl in den Camps sein, in denen noch deutlich schlimmere Bedingungen herrschen als in Diavata, wo es kein Casa Base gibt und für viele Menschen wenig Grund zur Hoffnung?
Die Mauern vom Camp Diavata
Obwohl diese Fragen schwierig sind und traurig machen, bin ich froh, dass sie mir durch meine Arbeit bei QRT immer wieder vor Augen geführt werden.
So bin ich insgesamt sehr dankbar für die Möglichkeit neben meiner Arbeit bei NAOMI auch in Casa Base so wertvolle Erfahrungen sammeln zu können und zu lernen über Schönes und Trauriges – über Leid und enorme Kraft, Mut, Resilienz, Kreativität und Lebensfreude.
Wenn ihr mehr über das Projekt Casa Base erfahren möchtet oder Lust bekommen habt dort selbst Volunteer zu werden guckt gerne mal auf der Website oder den Social Media Kanälen von QRT vorbei oder meldet euch bei mir (Website:http://www.quickresponseteam.gr/en/__trashed-14/ , Facebook: https://www.facebook.com/qrtgreece , Instagram: https://www.instagram.com/qrt_one/ ).
Vielen Dank fürs Lesen!
Mit lieben Grüßen aus Thessaloniki,
Eure Hannah
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